Atmosphäre als Phasenbestandteil der differentiellen Radarinterferometrie und ihr Einfluss auf die Messung von Höhenänderungen

Dissertation von Dipl.-Geol. Michael Schäfer, TU Clausthal (2012)
 

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Kurzfassung
 
Die differentielle Interferometrie auf Grundlage von satellitengestützten Radarfernerkundungssensoren mit synthetischer Apertur (DInSAR) hat sich für die Erfassung von Verformungen der Erdoberfläche bewährt. Das Verfahren ermöglicht prinzipiell Messgenauigkeiten im Millimeterbereich, wodurch es neben vielen geowissenschaftlichen Fragestellungen auch für geodätische Messungen interessant ist, beispielsweise zur Ermittlung bergbaubedingter Höhenänderungen. Für das Erreichen hoher Messgenauigkeiten müssen jedoch Fehlereinflüsse in den Daten bekannt sein und möglichst vermieden werden. Diese Arbeit befasst sich vornehmlich mit dem Einfluss der Erdatmosphäre auf die Ergebnisse der Radarinterferometrie.

Die Erdatmosphäre besitzt einen bedeutenden Einfluss auf die Ausbreitung elektromagnetischer Wellen, welche von satellitengestützten Radarsensoren ausgesendet werden. Dabei spielen insbesondere kleinräumige Inhomogenitäten in der Troposphäre, vor allem bedingt durch das Wetter, sowie unterschiedliche Elektronendichten in der Ionosphäre eine Rolle. In Interferogrammen äußert sich Atmosphäre als zusätzlicher Phasenbestandteil in Überlagerung mit den gesuchten Phaseninformationen, welche die Deformation und Topographie der Geländeoberfläche widerspiegeln. Zudem beinhalten Interferogramme immer die Differenz der atmosphärischen Zustände zu den interferometrisch miteinander kombinierten Aufnahmezeitpunkten.

Vorgestellt wird ein Verfahren, welches als Novum die Ermittlung der atmosphärischen Phasenverschiebung zu einem einzelnen Zeitpunkt ermöglicht. Die Berechnung erfolgt auf der Grundlage einer Zeitreihe von Radaraufnahmen. Sämtliche Interferogrammkombinationen bezogen auf einen Aufnahmezeitpunkt beinhalten auch die Atmosphäre dieses Zeitpunkts, was eine statistische Ermittlung erlaubt. Als Besonderheit des gezeigten Verfahrens ist keine vorherige Lösung von Phasenmehrdeutigkeiten nötig. Nebenbei ermöglicht die Vorgehensweise zudem die Detektion von Deformationsgebieten sowie die Ermittlung von einzelnen Pixeln, die eine zeitliche Phasenstabilität aufweisen.

Gezeigt werden Ergebnisse basierend auf sechs Zeitreihen dreier Radarsensoren an Bord der Erdbeobachtungssatelliten TerraSAR-X, ENVISAT und ALOS. Diese Sensoren weisen verschiedene Radarwellenlängen im X-, C- und L-Band auf, was die Untersuchung frequenzabhängiger Einflüsse ermöglicht.

Die mit dem neuen Verfahren aus Radardaten gewonnen Informationen werden mit Wetterdaten verglichen. Vor allem optische Fernerkundungsdaten von METEOSAT MSG und ENVISAT MERIS zeigen eine gute Übereinstimmung. Auch die zukünftige Nutzung der erzeugten Ergebnisse zur räumlich hochaufgelösten Gewinnung von meteorologischen Kenngrößen der Atmosphäre ist vorstellbar.

Darüber hinaus werden diverse Parameter entwickelt, welche eine Charakterisierung und den Vergleich von atmosphärischen Zuständen zu verschiedenen Zeitpunkten ermöglichen. Mit ihrer Hilfe können deutliche jahreszeitliche Unterschiede in der Ausprägung der Atmosphäre festgestellt werden, wobei Szenen im Sommer eine stärkere Beeinflussung durch Atmosphäre zeigen, als im Winter. Auch Vergleiche zwischen den Sensoren werden angestellt und diskutiert, wobei vor allem die Sonneneinstrahlung je nach Tageszeit der Aufnahmen die Stärke der Atmosphäre in den Radardaten beeinflusst. Ferner bewirkt die Ionosphäre bei langen Radarwellenlängen, dass die Aufnahmen von ALOS ein deutlich abweichendes jahreszeitliches Verhalten gegenüber den kürzeren Wellenlängen von ENVISAT und TerraSAR-X zeigen.

Abschließend werden Betrachtungen zur theoretischen Erfassbarkeit von Höhenänderungen mittels differentieller Radarinterferometrie angestellt. Unter dem Aspekt des Auftretens von Atmosphäre in den Radardaten werden zudem die Auswirkungen von atmosphärischen Phasenverschiebungen auf verschiedene differentiell-interferometrische Auswerteverfahren behandelt, wie beispielsweise die rasterbasierte Stapelung von Interferogrammen oder die punktbasierte Persistent Scatterer Interferometrie (PSI).
 


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Letzte Änderung am 17.04.2012